Kommunalunternehmen für Inklusion ausgezeichnet
Mehrere Beispiele zeigen, wie Kooperationen Menschen mit Behinderung ein eigenständiges Berufsleben ermöglichen.
Vanessa Weber (Zweite von links) überreicht zusammen mit ihrer Integrationsbegleiterin Annika Popp (links) und Marilena Krieger (rechts) von den Mainfränkischen Werkstätten ein historisches Gleisstück als Auszeichnung an KU-Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel.
Vanessa Weber (Zweite von links) überreicht zusammen mit ihrer Integrationsbegleiterin Annika Popp (links) und Marilena Krieger (rechts) von den Mainfränkischen Werkstätten ein historisches Gleisstück als Auszeichnung an KU-Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel.
Kommunalunternehmen für Inklusion ausgezeichnet
Mehrere Beispiele zeigen, wie Kooperationen Menschen mit Behinderung ein eigenständiges Berufsleben ermöglichen.
Den Menschen im Blick – so lautet die Devise des Kommunalunternehmens des Landkreises Würzburg (KU). Einem der größten Arbeitgeber der Region geht es in seinen Arbeitsbereichen gleichermaßen um das Wohl seiner Bürgerinnen und Bürger wie um das seiner knapp 1.400 Beschäftigten. Diese Bemühungen spiegeln auch die Kooperationen des KU mit dem Berufsförderungswerk Würzburg (BFW) und den Mainfränkischen Werkstätten (MFW) wider. Sie zielen darauf ab, Erwachsene mit Beeinträchtigung bestmöglich in das Arbeitsleben zu integrieren. Wie gut das funktioniert, wurde kürzlich wieder deutlich.
| Historisches Gleisstück als Symbol
„Wir brennen für Inklusion. Sie schafft für beide Seiten eine Win-win-Situation“, betont KU-Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel bei der Entgegennahme eines historischen Gleisstücks der Würzburger Straßenbahn. Diese so schwere wie bedeutsame Auszeichnung vergeben die MFW als Dank für den gemeinsam zurückgelegten Weg und in der Hoffnung, „inklusives Arbeiten auch künftig auf die Schiene zu bringen“, erklärt Marilena Krieger, Leiterin des Fachbereichs „INklusiv! Gemeinsam arbeiten“. Konkreter Anlass für die Gleisübergabe ist die erfolgreiche Integration der 24-jährigen Vanessa Weber.
| Erfolgreiche Integration
Der jungen Frau steht die Freude über ihre Beschäftigung ins Gesicht geschrieben: Für das „sehr nette Mädelsteam“ der KU-Tochter ProCura DienstleistungsGmbH erstellt sie vor allem Excel-Tabellen. Ihre Integrationsbegleiterin Annika Popp ist begeistert: „Vanessa hat trotz herber Rückschläge, aber mit viel Zähigkeit über Praktika bei KU-Einrichtungen ihr Ziel erreicht. Sie hat sich einen unbefristeten Außenarbeitsplatz in ihrem Betrieb erarbeitet.“ Wichtig sei ihr zudem gewesen, ohne Fahrdienst zur und von der Arbeitsstelle zu kommen. Dafür hatte sie sowohl den Umzug in eine neue Umgebung als auch das Trainieren des Arbeitswegs in Kauf genommen. Der ist anstrengend, weil sie auf längeren Strecken mit Rollator unterwegs ist.
Auch Sven Köbe ist INklusiv!-Mitarbeiter. Nach durchwachsener Schul-, Ausbildungs- und Berufslaufbahn auf dem ersten Arbeitsmarkt hat auch er über diesen Fachbereich beruflich Fuß gefasst. Seit knapp fünf Jahren ist der 39-Jährige als Betreuungsassistent in der Seniorenwohnanlage am Hubland in einer Wohngruppe mit an Demenz erkrankten Menschen tätig. „Hier werd’ ich gebraucht“, sagt er selbstbewusst und fügt hinzu, dass ihm die Arbeit mit Seniorinnen und Senioren Spaß mache, obwohl ihn die Kolleginnen und Kollegen mitunter „ganz schön einspannen“. Sie sehen ihn als vollwertiges Teammitglied, so Integrationsbegleiter Dominik Bertelt.
„Wir brennen für Inklusion. Sie schafft für beide Seiten eine Win-win-Situation“,
betont KU-Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel.

Vanessa Weber bei ihrer Arbeit für die ProCura DienstleistungsGmbH

Tobias Dietrich ist bei EDV-Problemen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KU ein gefragter Mann.
| Entlastung für Fachkräfteteam
Egal ob Einsteigerin Vanessa oder alter Hase Sven, beide konnten ihre beruflichen Pläne durchsetzen, arbeiten auf „sozialraumorientierten ausgelagerten Arbeitsplätzen“, so Madeleine Leube, verantwortlich für „Teilhabe Arbeit Bildung Inklusion“ bei den MFW. Mit ihr als Leiterin des Fachbereichs „INklusiv! Gemeinsam arbeiten“ startete 2015 die Zusammenarbeit mit dem Kommunalunternehmen. „An erster Stelle steht für uns der individuelle Berufswunsch unserer Werkstattbeschäftigten“, betont Leube. „Wer in einem Betrieb in seiner Region arbeiten will, dem helfen unsere Integrationsbegleiterinnen und -begleiter bei der Realisierung.“ Der „maßgeschneiderte Arbeitsplatz“ weist viele Nutzeffekte auf, auch für den Kooperationsbetrieb: Unter anderem hat die Beschäftigung keinen Einfluss auf seinen Stellenplan. Das heißt, so Eva von Vietinghoff-Scheel, „diese Zusatzkräfte sind eine echte Entlastung unserer Fachkräfte. Und sie bereichern unsere Teams.“
| Beratung für Arbeitgeber
Auch das BFW – Berufsförderungswerk Würzburg kümmert sich um Erwachsene mit Behinderung. Das überregionale Bildungszentrum für blinde, sehbehinderte oder andersartig gesundheitlich eingeschränkte Menschen lotet mit ihnen Chancen auf Wiedereingliederung ins Berufsleben aus und bietet etliche neue praxisnahe Ausbildungen und Qualifizierungen. Sie führen zu einem Abschluss in einem anerkannten IHK-Ausbildungsberuf oder an der Bayerischen Verwaltungsschule.
„Zudem beraten wir Arbeitgeber hinsichtlich Fördermöglichkeiten und Hilfsmitteln oder Arbeitsplatzanpassungen“, erläutert Christine Haupt-Kreutzer. Laut der Teamleiterin Ausbildung am BFW ist die Kooperation mit dem KU ein wichtiges Instrument zur Integration: „Durch ein Praktikum können unsere Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer ihre Fachlichkeit unter Beweis stellen und noch immer vorhandenen Vorurteilen – Menschen mit Behinderung sind oft krank, schwierig einzuarbeiten, brauchen viel Betreuung – entgegenwirken.“
| Praktika als Türöffner
Das KU bietet in seinen Bereichen diverse „Türöffner“-Praktikumsplätze, die jährlich etwa fünf BFW-ler nutzen. So auch Tobias Dietrich. Seinen erlernten Handwerksberuf musste er wegen einer vor sieben Jahren plötzlich auftretenden seltenen Augenerkrankung aufgeben. Im BFW erlernte er erst Blindenschrift, absolvierte dann die (verkürzte) Ausbildung zum Anwendungsentwickler samt Praktika. Das letzte in der IT-Abteilung des KU mit Sitz an der Main-Klinik. Der Anfang 30-Jährige, inzwischen verheiratet und wegen des Jobs nach Ochsenfurt gezogen, ist geblieben, längst voll integriert und froh darüber, dass er in seiner Situation „das Hobby zum Beruf“ machen konnte.

Betreuungsassistent Sven Köbe kümmert sich mit viel Hingabe um Seniorinnen und Senioren.
Weitere Informationen
Ansprechpartnerinnen für Inklusion im Arbeitsleben sind
- beim Berufsförderungswerk Würzburg: Christine Haupt-Kreutzer unter Tel. 0931 9001-880 oder christine.haupt-kreutzer@bfw-wuerzburg.de
- bei den Mainfränkischen Werkstätten: Madeleine Leube unter Tel. 0931 359018-50 oder madeleine.leube@mainfraenkische-werkstaetten.de